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Raumklima zum Wohlfühlen

25. Oktober 2022

Im Gewerbegebiet von Mühlau-Arzl in Innsbruck ist die Atmosphäre geprägt von einer starken baulichen Unordnung aus Solitären, anonymen Flachbauten, gänzlich ohne städtebaulichen Bezug. ATP architekten und ingenieure wollten zu dieser Struktur eine Antithese schaffen und mit dem von ihnen entworfenen Büro- und Logistikzentrum einen gestalterisch klaren Standpunkt vor der Innsbrucker Bergkulisse einnehmen. Durch passive und aktive Maßnahmen erreicht das Gebäude zudem nahezu Passivhausstandard.

  

von Thomas Geuder, der Raumjournalist 

 

 


Das Gebäudeensemble fügt sich in die Bergkulisse ein und ist gleichzeitig eine gestalterische Antithese zur baulichen Umgebung mit ihren anonymen Gewerbebauten.

 

Das Grundstück für das Gebäudeensemble des Kosmetik- und Dienstleistungsunternehmens Cura Cosmetics befindet sich an einer städtebaulichen Schnittstelle zwischen einem kleinteilig bebauten Wohngebiet und den heterogenen Gewerbebauten. Das Ziel der Entwurfsüberlegungen war es deshalb, die für Gewerbegebiete übliche Formensprache aufzubrechen und neue Lösungen zu finden. Mehr noch verstehen ATP ihre Entwurfsidee als Manifest gegen die oft gesichtslose Verwaltungstempel-Architektur mit Alu-Glas-Fassade: Die beiden fünfgeschossigen, mit Strukturputz verkleideten Bürogebäude erscheinen wie moderne Stadthäuser, die Logistikhalle besitzt eine Haut aus Lärchenholz, als Bezug zu den Bergen in der Kulisse von Innsbruck.

   

Die Fassaden der Bürohäuser bestehen aus einem Kalkzementputz mit vertikaler Besenstrichstruktur und großzügigen, glatt gespachtelten Putzfaschen, die dadurch eine urbane Großzügigkeit ausstrahlen. Hier befindet sich neben einer Kinderbetreuungseinrichtung der firmeneigene Flagship-Store „Judith William Beauty World“, dessen Interieur auf dem Entwurf der Münchner Designagentur „Zeichen und Wunder“ basiert und den ATP adaptiert hat. Die ebenfalls vertikale Lärchenholzverschalung des Logistik- und Konfektionsgebäudes wird künftig eine gleichmäßig silbergraue Patina erhalten. Aufgelockert wird die vorherrschende Strenge der Baukörper durch die schräg angeordneten Laderampen.

 

 


Die „Judith Williams Beauty World“ findet sich als Flagship-Store im Eingangsbereich des Erweiterungsbaus. Sie basiert auf einem Entwurf der Münchner Designagentur „Zeichen und Wunder“, den ATP adaptierte und ausführte.

 

Angenehme Innenraumgestaltung


Der Innenraum sollte, so der Wunsch des Bauherrn, ein angenehmes Ambiente mit Wohlfühlfaktor erhalten, mit klaren und kommunikativen Strukturen. Gesamtprojektleiter Andreas Bause hat dies gemeinsam mit Caroline Ohnmacht vom D&R-Team bei ATP in ein Interieur aus funktionellen Maßmöbeln, Glaswänden und niedrigen Schrankelementen übersetzt, das direkte Sichtbeziehungen ermöglicht und viel Raum für effiziente Zusammenarbeit bietet. Die warmen, erdigen Farbtöne der Fassaden werden in den hellen, lichtdurchfluteten Büros fortgesetzt. An den glatt gespachtelten Betondecken abgehängte Heiz- und Kühl-Deckensegel absorbieren den Schall und sorgen so für eine gute Raumakustik.

 

 


Im Innenraum sollte ein angenehmes Ambiente mit Wohlfühlfaktor entstehen, mit kommunikativen und klaren Strukturen.

 

„Unser Ehrgeiz war, Arbeitsplätze zu schaffen, an denen auch wir selbst gerne täglich arbeiten würden“, erläutert Andreas Bause. Mit dezent farbigen, matten Oberflächen und natürlichen Materialien ist ein angenehmes Gestaltungsbild entstanden, zu dem der mit Mooseiche verkleidete Treppenkern maßgeblich beiträgt. Der Treppenraum selbst ist grau gestrichen, wodurch beim Treppensteigen der Eindruck des Eintauchens und beim Betreten der Büros des Wiederauftauchens entsteht. Raumhohe Vorhänge in den Büroflächen sorgen für eine flexible Raumaufteilung, etwa um Besprechungsräume zu schaffen. In die großen Regale sind jeweils eine Telefonbox, Sitznischen, Pflanzen, beschreibbare/magnetische Glastafeln und sogar ein beleuchteter Schminktisch integriert.

 


Durch raumhohe Vorhänge können einzelne Bereiche temporär und flexibel abgetrennt werden.

 

Raumklima mit Monitoring


Die Gebäudehülle besteht aus 44 cm kerngedämmten Ziegelsteinen wie sowie einer 3-fach-Isolierverglasung, wodurch der U-Wert des Gesamtsystems mit 1,0 W/m²K bereits nahezu Passivhaus-Standard erreicht. Die Ziegelsteine wirken zudem als große Speichermasse, die die Energiekosten deutlich reduziert und ein angenehmes Raumklima schafft. Der Strom aus einer PV-Anlage auf dem Dach wird größtenteils selbst genutzt, wodurch 22 % des Energiebedarfs gedeckt werden. Die Beheizung erfolgt per Wärmepumpe und Fußbodenheizung, Temperaturspitzen werden durch die Kühl-Heizdecken abgefangen. Die Belüftung erfolgt über Bodenauslässe, die Absaugung am Treppenkern. Per Monitoring werden der Energiebedarf und die Energieströme gemessen und die gebäudetechnischen Anlagen bei Bedarf nachjustiert.

 


Für eine bereits sehr gute Basis für die Gebäudetechnik sorgen die 44 cm dicken Wände aus kerngedämmten Ziegelsteinen und die 3-fach-Verglasung.

 


Der Strom einer PV-Anlage auf dem Dach wird nahezu komplett direkt verbraucht, wodurch über das Jahr betrachtet 22 % des Energiebedarfs gedeckt werden.


Alle Bilder: © ATP / Tom Bause


Projektdaten:

 

Architektur:
ATP architekten ingenieure, Innsbruck

 

Bauherrschaft:
Cura Marketing, Innsbruck

 

Projektbeteiligte:
D&R-Studio ATP, Innsbruck (Activity-Based-Working-Konzept)
ATP Innsbruck Planungs GmbH, Innsbruck (Elektro, AVA, HKLS, ÖBA, PSI, Tragwerksplanung, Laborplanung)
Spektrum – Zentrum für Umwelttechnik & Management, Dornbirn (Bauphysik/Akustik)
Geotechnik Tirol Consult, Innsbruck (Geotechnik)
Prüfstelle für Brandschutztechnik Österr. Bundesfeuerwehrverband, Linz (Brandschutz)

 

BGF
6.835 m²

 

BRI
38.255 m³

 

Fertigstellung
2020

 

Standort:
Doktor-Franz-Werner-Straße 19, 6020 Innsbruck, Österreich


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