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Naturschauspiel am Bodensee

31. Mai 2022

Am Lindauer Bodenseeufer, im Dreiländereck von Deutschland, Österreich und der Schweiz, befand sich bis vor wenigen Jahren das bekannte Stadtbad Eichwald, idyllisch direkt an der Wasserkante gelegen. 2021 wurde es durch die „Therme Lindau am Bodensee“ ersetzt, einem Neubau von 4a Architekten, dessen klare und ruhige Raumatmosphäre für noch mehr Bade- und zusätzliches Wellness-Vergnügen sorgt.

 

von Thomas Geuder, Der Raumjournalist

 

Das Ufergrundstück des ehemaligen Stadtbads unweit der Bundesgrenze besitzt einen alten Baumbestand mit reizvollem Süd-Blick auf den Bodensee. Landschaftlich ist dieser Ort deshalb ein sensibler Bereich, für den bei der Neubebauung eine adäquate architektonische Antwort gefunden werden musste. 4a Architekten haben das Thermengebäude deshalb als langgestreckten und horizontal geschichteten Baukörper ausgebildet, der abstrakt der Wasserkante folgt – „wie eine Steinscholle“, so das prägende Bild während der Entwurfsphase. Folgerichtig ist das Erdgeschoss wie eine Landschaft gebildet, die immer wieder von einzelnen Felsblöcken, in denen sich die verschiedenen Erlebnisbereiche befinden, durchbrochen wird. Im Geschoss darüber bildet sich eine Art zweite Felsschicht, in der vielfältige Bezüge zum Außenraum, aber auch zum Geschehen im Erdgeschoss hergestellt werden.

 


Das langgestreckte und gestalterisch horizontal geschichtete Thermengebäude ist formal an der Uferkante ausgerichtet.


Wechselspiel mit dem Außenraum


Wichtigster Entwurfsansatz für die Architekten aber war eine besondere und große Offenheit, die den reizvollen Blick zum See definiert, jedoch auch als Durchbruch zum rückwärtigen Eichwald eine Beziehung herstellt. Dadurch wird drinnen der Außenraum stets deutlich spürbar und gehört wie selbstverständlich zum Erlebnis im Thermengebäude. Eine zusätzliche emotionale Wirkung auf die Atmosphäre entsteht durch das permanent wechselnde Spiel aus Licht und Schatten mit den Tages- und Jahreszeiten und dem Wetter. Was draußen stattfindet, bestimmt den Charakter des Innenraums – ein Effekt, der von 4a Architekten bewusst gewollt ist und sich immer wieder in ihren Projekten findet.

 


Den Blickbezug zur Umgebung mit See und Bergen im Hintergrund haben die Badegäste in fast allen Bereichen.

 


Im Obergeschoss erhalten die Besucher und Besucherinnen vielfältige Blickbeziehungen nach draußen und ins Erdgeschoss.

 

Vielfältiger Bade- und Wellness-Spaß


Das Thermengebäude ist in drei Bereiche gegliedert: das Familien- und Sportbad mit einem 25-Meter-Schwimmbecken samt Sprungbretter, den Thermen- und Wellness-Bereich mit verschieden konfigurierten Becken sowie die Saunalandschaft mit ganzen zwölf Saunen, einem Gastronomie- und einem Fitnessbereich. Markant ist die zum größten Teil außenliegende Rutschenanlage mit Wildbach und Kleinkinderbereich. Vor dem östlichen Gebäudeteil wird das Grundstück weiterhin als Strand- und Freibad genutzt, mit einem außenliegenden 50-Meter-Schwimmbecken, separatem Zugang und einem eingeschossigen Gebäude mit Umkleiden und sanitären Anlagen.

 


Dem östlichen Gebäudeteil mit der Familien- und Sportbadehalle ist ein 50-Meter-Außenbecken vorgelagert.

 

Dezent und doch charakteristisch


Als maßvolle Antwort auf den stets präsenten Seeblick und das wundervolle Alpenpanorama haben 4a Architekten bei der Gestaltung der Innenraumatmosphäre bewusst auf ruhige und dezente Materialien zurückgegriffen. Vornehmlich finden sich deshalb Sichtbeton, Holz, Fliesen, Mosaiksteine und Glas. Typisch für die Arbeit des Büros ist die Auseinandersetzung mit den Farben des Ortes. Sie werden in abstrahierter Form aufgegriffen und als Thema der Natur in die Gestaltung der Innenräume projiziert, unterstützt durch Farbakzente und Lichtszenerien. Immer wieder öffnen sich neue, lebendige Perspektiven und spannende Raumbezüge – eben einem Naturschauspiel gleich.

 


Die Raumwirkung in den Ruhebereichen wird durch entspannende, natürliche Farben und Materialien erzeugt.

 

Komplexe, unsichtbare Technik


Ein solches modernes Thermenbauwerk ist nur mit enorm komplexer Gebäudetechnik möglich. Grundlage für die planende Kannewischer Ingenieurgesellschaft waren energetische sowie ökologische Gesichtspunkte. Sämtliche Gewerke sind untereinander verknüpft und werden permanent überwacht und optimiert. Die insgesamt 14 Becken haben eine Gesamtwasserfläche von 1.712 m² und werden über acht Wasserkreisläufe versorgt. Die thermische Gesamtleistung von 2.574 kW wird durch eine Kraft-Wärme-Kopplung zur Grundlastabdeckung sowie Brennwertkessel für die Spitzenlast geleistet, mit einer elektrischen Leistung von 240 kW. Eindrucksvoll ist auch die mechanische Belüftung, bei der zwölf Anlagen eine Gesamtluftmenge von 150.000 m³ pro Stunde umwälzen. Von all dem technischen Aufwand bekommen die Badenden allerdings nur wenig mit. Sie können die Atmosphäre an diesem besonderen Ort zwischen Natur, See und Wellness jederzeit in vollen Zügen genießen.

 

Alle Bilder: ©  David Matthiessen, Stuttgart


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